Die Stadt Tettnang setzt alles daran, die Schließung der Notfallpraxis in Tettnang noch zu verhindern. Der Eilantrag dreier anderer betroffener Kommunen zur Verhinderung der geplanten Schließung ihrer Notfallpraxen zum 31. März 2025 wurde vom Sozialgericht Stuttgart zwar abgelehnt. Damit ist für die 18 betroffenen Kommunen das Ende aber noch nicht besiegelt: Die Klage im Hauptverfahren, in dem auch Tettnang als Klägerin beteiligt ist, steht noch aus.
In seiner Urteilsbegründung betonte das Sozialgericht Stuttgart, dass die Kommunen kein subjektiv-öffentliches und damit einklagbares Recht auf Beteiligung hätten. Es machte aber auch deutlich, dass § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB X der Prüfung durch die Rechtsaufsicht unterliegt. In dieser Sache liegt die Verantwortung für die Rechtsaufsicht beim Gesundheitsminister.
Welche Rollen spielen Kommunen künftig?

„Gerichtsurteile sind das eine – Kommunikation und echte Beteiligung das andere“, zitiert Regine Rist, Bürgermeisterin von Tettnang, eine Aussage des geschäftsführenden Vorstandsmitglieds des Städtetags Baden-Württemberg, Ralf Broß. „Obwohl das Gericht in seiner Eilentscheidung zu einem vorläufigen Ergebnis gekommen ist, bleiben zentrale Fragen offen. Diese gehen weit über die drei betroffenen Notfallpraxen hinaus. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, welche Rolle Kommunen spielen, wenn es um die künftige Struktur des ärztlichen Bereitschaftsdienstes geht, und wie die kommunale Mitverantwortung mit der Planungshoheit der Kassenärztlichen Vereinigung in Einklang gebracht werden kann.“
Brieflicher Appell an Gesundheitsminister Lucha
In Reaktion auf die Entscheidung des Sozialgerichts haben die 18 betroffenen Kommunen gemeinsam einen Brief an Minister Manfred Lucha formuliert. Darin bitten sie ihn eindringlich, die Kommunen in dieser Sache zu vertreten und im Rahmen der Rechtsaufsicht nötige Schritte einzuleiten. Dabei geht es um die dringende Prüfung, ob die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) die Beteiligungsrechte der Kommunen gemäß § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB X eingehalten hat. Die Kommunen betonen, dass sie bei der Planung und Entscheidungsfindung zur Schließung der Notfallpraxen nicht ausreichend einbezogen wurden und kritisieren die mangelnde Kommunikation seitens der KVBW.
„Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt, ohne dass wir die Möglichkeit hatten, uns aktiv in den Prozess einzubringen“, so Rist weiter. „Die Schließung unserer Notfallpraxis ist eine gravierende Schwächung der medizinischen Versorgung in unserer Region. Wir müssen sicherstellen, dass die Interessen unserer Bevölkerung berücksichtigt werden.“
Prüfung durch Rechtsaufsicht dringend nötig
Die Kommunen appellieren auch an Minister Lucha, vor Abschluss dieser Prüfung keine weiteren Schließungen vorzunehmen. Sie weisen zudem darauf hin, dass auf bundespolitischer Ebene bereits erste Schritte zur Reform des Notfall- und Rettungsdienstes in Deutschland angekündigt wurden, die eine Neubewertung der Maßnahmen in Baden-Württemberg erfordern.
„Die Kommunikation und die Einbindung der betroffenen Städte sind entscheidend für die Akzeptanz und die Qualität der Reformen. Eine nachhaltige Lösung kann nur in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen und unter Berücksichtigung der lokalen Besonderheiten erreicht werden“, schließt sich Regine Rist der Argumentation des Städtetags Baden-Württemberg an. „Die betroffenen Städte müssen von Anfang an in den Planungsprozess einbezogen werden, nicht erst, wenn Entscheidungen bereits getroffen sind. Nur so kann eine Lösung geschaffen werden, die langfristig tragfähig und vor Ort akzeptiert wird.“
Kommunen setzen weiter auf konstruktive Zusammenarbeit
Die betroffenen Städte und Gemeinden setzen sich weiterhin für eine transparente und faire Lösung im Sinne der Bevölkerung ein. Sie betonen aber auch, dass ihnen eine sachliche und konstruktive Zusammenarbeit weiterhin am Herzen liegt.