Der Gemeinderat hat in der ersten Beratungsrunde den Haushaltsentwurf 2025 der Stadtverwaltung abgelehnt. Laut Aussage der Fraktionsvorsitzenden von CDU, Freien Wählern/FDP und SPD wollten sie damit ein Zeichen gegenüber Bund und Land setzen. In einer Klausur haben sich Stadträte und Vertreter der Verwaltung nun noch einmal intensiv mit dem Haushaltsentwurf befasst. Ein überarbeiteter Entwurf soll nun in der Sitzungsrunde im März zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Eines ist allerdings klar: Konsolidierungsmaßnahmen werden auch in den kommenden Jahren nötig sein, will man als Stadt handlungsfähig bleiben.
Keine ausreichende Gegenfinanzierung der Pflichtaufgaben
Wie viele andere Städte und Gemeinden steht auch die Stadt Tettnang vor großen finanziellen Herausforderungen. Zwar sind die Einnahmen stabil und steigen kontinuierlich, noch schneller wachsen aber die Ausgaben – ein deutliches Zeichen für strukturelle Unstimmigkeiten. Eines der größten Probleme ist die Finanzierung jener Pflichtaufgaben, die den Kommunen von Bund oder Land übertragen werden. Beispiele dafür sind etwa der Ganztagesbetreuungsanspruch in Kindergärten und Grundschulen, die Unterbringung von Geflüchteten, Abwasserentsorgung, Versorgungseinrichtungen, Straßenbau usw.
Bund und Land stellen für die Finanzierung dieser Aufgaben Gelder bereit, allerdings bei Weitem nicht genügend. Die Konsequenz ist, dass die Stadt Tettnang einen Großteil der Kosten selbst tragen muss. Laut dem Deutschen Landkreistag besteht hier ein gravierendes strukturelles Ungleichgewicht. Die Kommunen in Deutschland müssten mittlerweile rund ein Viertel der gesamtstaatlichen Aufgaben übernehmen, erhielten jedoch nur rund ein Siebentel der Steuereinnahmen. Wie in vielen anderen Gemeinden und Städten führt das auch in Tettnang dazu, dass der Haushalt nicht ausgeglichen ist.
Erhöhung der Kreisumlage belastet Stadtfinanzen
Darüber hinaus hat der Landkreis Bodenseekreis angekündigt die Kreisumlage zur Erfüllung der Landkreisaufgaben zu erhöhen, was die Finanzen der Stadt weiter unter Druck setzt. 2024 hat Tettnang 12,3 Mio. Euro an den Landkreis bezahlt. Diese Summe soll nun empfindlich steigen. Die allgemeine Inflation sowie – wenn auch nötige – hohe Tarifanpassungen belasten den Haushalt noch zusätzlich. Die Summe der Ausgaben, die die Stadt nicht beeinflussen kann (Transferleistungen), wie etwa die Kreisumlage und die Finanzausgleichs (FAG)-Umlage des Landes, machen mittlerweile mehr als 40 Prozent der Ausgaben aus.
Aufgabenbereiche müssen überprüft werden
Dies führt dazu, dass die Stadt im Haushalt 2025 den Sparstift ansetzen muss. Sparvorschläge haben Gemeinderat und Vertreter der Stadtverwaltung in ihrer zweiten Haushaltsklausur erst unlängst besprochen. „Wir werden allerdings auch über aktuelle Sparmaßnahmen hinausgehen und konsolidieren müssen. Wir werden strukturell erarbeiten, wie wir einen ausgeglichenen Haushalt erreichen können. Dabei ist beispielsweise eine Aufgabenkritik durchzuführen und Standards sind zu betrachten. Die Frage, was wir uns leisten können und was nicht, wird ein kontinuierlicher Prozess in den kommenden Jahren sein“, sagt Bürgermeisterin Regine Rist. Denn auch in den nächsten Jahren muss die Stadt weniger Geld ausgeben, da sie sonst auch die kommenden Haushalte nicht ausgleichen kann. Das würde den Spielraum für eigene Investitionen deutlich einschränken.
Das sagt Bürgermeisterin Rist dazu
Bürgermeisterin Regine Rist: „Diese Aufgabe ist wichtig, um in Zukunft die Möglichkeit zu behalten, unsere Stadt gestalten zu können. Wir müssen wir kurzfristig, aber auch grundsätzlich, überprüfen, was wir uns leisten können. Gleichzeitig braucht es aber auch Reformen, was die Aufteilung der Steuereinnahmen betrifft. Bund und Land dürfen uns Kommunen nicht weiter im Stich lassen. Es muss klar sein: Wer Aufgaben anordnet, muss sie auch bezahlen! Wir als Stadt können die Finanzierung der Pflichtaufgaben nicht mehr übernehmen.“